Samstag, 20. November 2010

Pyay

Dienstag 12. bis Dienstag 19. Januar
Pyay ist ein kleines, aber interessantes Städtchen auf dem Yangon – Bagan Highway, direkt am Irrawaddy Fluss gelegen. Der Fluss der hier ca. 1.2 km breit ist führt jetzt in der Trockenzeit wenig Wasser, sodass man vom Ufer aus bis zur Mitte über die Sandbänke wandern kann bis man ans Wasser gelangt.
Hier sind viele Frauen beschäftigt ihre Wäsche im Fluss zu waschen und sie anschliessend auf den Sandbänken zum Trocknen auszulegen. Sie sind sehr freundlich und zeigen überhaupt keine Scheu wenn man sie photographiert. Das sind einfache Leute aus der Stadt die kein Englisch sprechen und so beschränkt sich unsere Konversation auf Hello (minga-laba), danke (dje-su beh) und auf wiedersehen (da-da), was ihnen immer ein symphatisches Lächeln entlockt. Der Sand kann hier auch direkt für den Bau verwendet werden, da er ja sauber gewaschen ist. Eine 5-köpfige Familie, zwei Männer und drei Frauen, ist dabei einen Lastkahn mit dem Flusssand zu füllen. Ein schweisstreibender Kraftakt, denn tagsüber ist es hier an der Sonne doch über 30 Grad warm. Die Nächte sind aber angenehm kühl. An dieser Stelle überspannt auch eine der wenigen Brücken den Fluss. Auf der anderen Seite ist ein kleines Dorf auszumachen, und wir beschliessen diesem einen Besuch abzustatten. Das Land wird wie erwartet stark von Polizei und Armee kontrolliert. Auf dem Weg dorthin passieren wir nicht weniger als drei Kontrollstellen. Zwei lassen uns unbehelligt passieren und grüssen uns sogar freundlich, nur bei der Brücke müssen wir den Pass vorweisen und alle Angaben und unser Ziel werden ins Tagesjournal des Wachhabenden eingetragen. Erst , dann dürfen wir die Brücke passieren. Das Dorf besteht aus sehr einfachen Hütten mit integrietem Stall für Kühe und Hühner. Das Leben läuft hier in ruhigen Bahnen ab, aber beschränkt auf die minimalsten Lebensbedürfnisse.
Die vielen Kinder beäugen uns interessiert und die Erwachsenen ziehen sich diskret in den Schutz ihrer Häuser zurück. Man bekommt unweigerlich das Gefühl, ins Mittelalter katapultiert worden zu sein. Unglaublich, diese Lebensverhältnisse unweit einer mehr oder weniger modernen Stadt anzutreffen. Am Abend sind wir bei der Burmesischen Familie eingeladen die wir im Zug kennengelernt haben. Sie stellen sich uns als William und Rosie vor, denn ihre burmesischen Namen können wir uns so oder so nicht merken, und ihre beiden Töchter No No (15 Jahre) und Jo Jo (12 Jahre). Es wird reichlich Essen aufgetragen, Samosas, Frühlingsrollen und andere Einheimische Köstlichkeiten. Das Problem ist nur, dass von uns erwartet wird, dass wir alles alleine aufessen sollen!! William und No No sprechen recht gut englisch. So erfahren wir, dass William mit einem Partner eine Trinkwasseraufbereitungsanlage mit Vertriebsorganisation (Aster Water) aufgebaut hat. Sie beliefern täglich
Haushalte, Restaurants und Hotels im Umkreis von 30 km mit den 30 lt grossen Plastik Behältern. Das Grundwasser das sie fördern wird im Osmose Verfahren purifiziert und keimfrei gemacht. Davon kann man offensichtlich gut leben, denn die Familie macht keinen armen Eindruck auf uns. Wir würden sie unserem Mittelstand zuordnen.
Sie sind praktizierende Islamisten, aber eher von der liberalen Sorte. Auf jeden Fall sieht man ihnen ihre religiöse Zugehörigkeit in keiner Art und Weise an. Myanmar ist das einzige Land in Südostasien, wo die grosse Mehrheit der Bewohner keine westlichen Kleider tragen, sondern ihre traditionelle
Kleidung, den Longyi. Ein Rundtuch das bis zu den Fussgelenken reicht und von den Männern vorne und den Frauen seitlich verknotet wird. Dazu tragen sie Flip-Flop Sandalen mit Ledersohlen und mit Samt ausgekleidetem Fussbett. No No und Jo Jo tragen aber mehrheitlich bereits Hosen nach Western Art, weil es der Mode entspricht die sie im Fernsehen mitbekommen. Der Wandel wird hier wohl oder übel in der kommenden Generation stattfinden. Sobald wir aufgegessen haben drängen die Kinder darauf endlich das Haus ihres Grossvaters zeigen zu dürfen. Williams Eltern wohnen etwa 1 km weit weg. Wir werden einzeln kurzerhand je in ein Trishaw verfrachtet, ein Velo mit Seitenwagen wo der Fahrgast Platz nehmen kann. Für ganze 500K, etwa 50 Rappen pedalt uns der Fahrer zum Haus des Grossvaters. Wir sind vorangemeldet und werden aufs herzlichste begrüsst. Es ist ein grosses, komfortabel eingerichtetes Haus, auch dem gehobenen Mittelstand zuzuordnen. Der Grossvater ist 76-jährig und war als Bewässerungs-Ingenieur für die Regierung tätig. Er bezieht eine Rente und betreibt nebenbei im angebauten Gebäude einen Spezereiladen und ein Internet-Kaffee. Wir sind natürlich aufgefordert das Internet, auf das man sehr stolz ist, zu testen. Ich bin erstaunt, dass es ohne Einschränkung zur Verfügung steht. Es wird auch dementsprechend rege von den Jugendlichen benützt. Als wir uns von unseren Gastgebern verabschieden, werden wir bereits für übermorgen zu einer Geburtstagsparty der Familie eingeladen.
Diese Leute sind unglaublich gastfreundlich. Nebst der Schönheit des Landes sind es die Begegnungen mit der Bevölkerung die das Reisen in diesem Land so interessant machen. Am Mittwoch machen wir unseren ersten grösseren Veloausflug ins 25 km entfernte Shwedaung. Die Strasse führt dem Irrawaddy entlang durch reichlich Schatten spendende Baumalleen, sehr angenehm. Teilweise sind es riesige Bäume, die sicher schon über 100 Jahre alt sind. In Shwedaung gibt es eine Pagode mit einer grossen, einzigartigen Buddah Figur mit Brille! Etwa 4 km weiter im Landesinnern besuchen wir
 noch den Shwenattaung Paya (golden Spirit Mountain) mit einer Ansammlung von mehreren bemerkenswerten Pagoden. Die Fahrt dorthin ist äusserst unterhaltsam und zeigt uns Myanmar von seiner schönsten Seite. Andere westliche Touristen können wir den ganzen Tag keine ausmachen. Diese tummeln sich in den grossen Touristen Zentren. Am Donnerstag besuchen wir die Ruinen der alten Hauptstadt aus dem 5. Jh. Ayekhittaya. Viel ist von dieser Stadt nicht mehr zu sehen. Diese Besichtigung ist aus unserer Sicht ein Flop, dafür war die Velofahrt dorthin unterhaltsam. Zurück in Pyay besichtigen wir noch die Shwesandaw Paya die sehr imposant auf dem zentralen Hügel thront und zu den landesweit wichtigsten Buddhistischen Pilgerstätten zählt, dann sind wir ja für heute Abend zur Geburtstagsparty eingeladen. Auf dem Markt kaufen wir uns je einen Blumenstrauss, damit wir nicht wieder mit leeren Händen dastehen. Es sind bereits viele Leute anwesend und wir werden immer wieder wichtigen Familienmtgliedern vorgestellt. Der eigentliche Familien Clan umfasst etw 300 Mitglieder, die alle einen wohlhabenden Eindruck hinterlassen. Nach 2 Stunden ziehen wir uns diskret zurück.